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Eva Schwab, FLÖZ, Öl / Wachs auf Nessel, 110 x 80 cm (2012)
Eva Schwab
Malerei / Collage

31. August - 27. Oktober 2012
Mi - Sa 14 - 18:30 Uhr und nach Vereinbarung

Flöze sind sedimentär entstandene Rohstofflagerstätten, die sich über Hunderte von Jahren parallel zur Gesteinsschichtung entwickelt haben. Eva Schwab transformiert fotografische Abbildungen und innere Bilder in malerische Kompositionen, die sich im Grenzbereich zwischen Realität, Fantasie und Auflösung bewegen. Wie Flöze lagern sich die imaginären Bilder im Unterbewusstsein ab und beeinflussen unsere Gedanken. Die Petra Rietz Salon Galerie präsentiert Malereien und Papierarbeiten von Eva Schwab, die aus den Jahren 2011-2012 stammen und um Frauenbilder und das Thema Hysterie kreisen.

Eva Schwab beschäftigt sich mit dem Archiv des Gewesenen, in dem sich Zeitgeschichten wie Sedimente überlagern. Grundlage für ihr malerisches Werk sind Familienalben, fremde Biografien, kollektiv Erinnertes oder Objekte der Wissenschaft. Die malerische Collage präsentiert sich wie ein Flöz, der in der Tiefe des Geschichtsplasmas abfällt. Bereits 2010 waren im Petra Rietz Salon in der Ausstellung prospector’s bible Malereien und Papierarbeiten von Eva Schwab zu sehen, bei denen das Schürfen, das sezierende Eindringen in das Gewebe der Sichtbarkeit, im Vordergrund stand. Visuelle Erscheinungen geschehen in Schichten, die einander überlagern, verdecken oder miteinander verschwimmen und in einem langwierigen Prozess des Aufeinanderstoßens von Sehen und Gesehenwerden, der Manipulation und der jahrelangen Anreicherung an die sichtbare Oberfläche gelangen.

Auch in Eva Schwabs aktuellen Arbeiten öffnet sie als Malerin die an den Tag getretenen Bilder nach unten: unter ihrem schürfenden, dehnenden, verflüssigenden Zugriff wird die Substanz des Körpers zum Rinnsal und Gewebe, zum Halbschatten und flirrenden Schemen. Dabei kommt es zur Ablösung des eídolon, jener griechischen Bezeichnung für die schemenhaften Abbilder des Menschen, die sich im Erinnern vor dem geistigen Auge aufbauen. Eva Schwab setzt sich mit den bis in die Anfänge der Fotografie zurückreichenden Patientinnenbildern des Londoner Nervenarztes Dr. Hugh Welch Diamond auseinander. Malerisch eignet sie sich die bürgerlich posierenden Grenzgängerinnen an, die uns ins Innere saugen und in die Dunkelheit, in somnambule Landschaften ziehen. Die Frauen leben in ihrer eigenen Welt, mystische Elemente wecken Assoziationen an Traumwelten, in denen sie verhaftet scheinen. Wieder arbeitet die Künstlerin mit flüssigem Wachs als Bindemittel, das die Erscheinungen von innen her verbindet, verschiebt oder in Auflösung überführt. So werden die aus dem Plasma des Erinnerns zurückgeworfenen Abbilder zum Doppelgänger und genius der Fotografie, wie Nachbilder, die bei geschlossenen Augen entstehen und sich als ihr Schatten, ihr Spiegel, ihr Porträt und universeller Geschichtskörper visualisieren.

(Textauszüge aus der Einführung zur Ausstellung von Cathrin Nielsen.)